20.10.2020

Florian Schmidt – Berliner Bezirksbaustadtrat, grüner Robin Hood und Investorenschreck

Florian Schmidt ist Baustadtrat des Berliner Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg und gilt der Immobilienbranche faktisch als der Leibhaftige, als eine Art wandelnde Provokation. Wir trafen den Bündnis-90/Die-Grünen-Politiker zum Gespräch.

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Florian Schmidt über „Deutsche Wohnen & Co enteignen“, das Vorkaufsrecht und die Situation am Berliner Wohnungsmarkt

Der streitbare Stadtaktivist von Friedrichshain-Kreuzberg – Eine Annäherung

Ob der publikumswirksame Konflikt mit Christoph Gröner um das Postscheckamt, mit SIGNA um das neue  Karstadtgebäude am Herrmannplatz oder die Querelen um die Finanzierung einer Genossenschaft bei Ausüben des Vorkaufsrechtes: Florian Schmidt, der sich selbst als Stadtaktivist bezeichnet, lässt keinen Konflikt aus, wenn es ihm ums Prinzip geht.

Andererseits – er stellt sich Fragen, er stellt sich – zuletzt bei unserem Berliner Immobilienkongress dem Widerstand der Branche und sucht den Dialog. Und er will, zumindest sagt er das auch im folgenden Gespräch, deeskalieren. Dieses Gespräch habe ich übrigens vor der Räumung des besetzten Hauses in der Liebigstraße und den Vorwürfen rund um dieses Objekt gegen Florian Schmidt geführt, das vielleicht noch zu Einordnung.

Florian Schmidt stellt sich den Fragen von Immobiléro Michael Rücker.
Florian Schmidt stellt sich den Fragen von Immobiléro Michael Rücker.

Dieses Gespräch also ist ein Versuch einer Annäherung – wie tickt Florian Schmidt, warum handelt er so wie er handelt, was treibt ihn? Es ist keine Grundsatzdiskussion, obwohl ich versucht habe, verschiedene Positionen zu hinterfragen. Aber ich denke: Die Branche muss sich in die Positionen der ‚Gegenseite‘ hineinversetzen, um mit ihnen umgehen zu können.

Und – seien wir realistisch – dieser Podcast ist ein Leerstück für das, was der Immobilienwirtschaft blühen kann, wenn sich die Mehrheitsverhältnisse im Land weiter in Richtung Rot-Rot-Grün verschieben beziehungsweise wenn Grüne Immobilienpolitik machen können.

Man sollte gut zuhören und überlegen, was da unter Umständen auf die Branche zukommt – und welche Strategien man als Immobilienwirtschaft entwickeln sollte, um auf solche Positionen reagieren zu können. Dass hier noch Luft nach oben ist, kann man wiederum im Podcast mit GdW-Chef Gedaschko deutlich erfahren.

Also – diesmal nicht viel Spaß beim Zuhören, sondern eher – gut zuhören!

Rot-Rot-Grüne Immobilienpolitik hinterfragen

Am 23. November haben wir die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Berliner Senat, Antje Kapeck, beim Berliner Immobiliengespräch zu Gast. Da geht es zwar um Quartiersentwicklung, aber man kann Sie ja mal nach der Politik von Florian Schmidt fragen. Anmeldung hier. 

Florian Schmidt –Der grüne Robin Hood

Der 1975 in Köln geborene Florian Schmidt absolvierte sein Abitur in Frankfurt am Main, leistete danach seinen Zivildienst beim evangelischen Flughafen-Sozialdienst der Stadt und begann 1997 Soziologie im Hauptfach sowie Kunstgeschichte und Volkswirtschaftslehre in den Nebenfächern zu studieren. 2008 beendete er sein Studium mit dem Abschluss Magister Artium (M.A.).

Der grüne Robin Hood von Friedrichshain-Kreuzberg: Florian Schmidt.Parallel zu seinem Studium betätigte er sich zwischen 1999 bis 2001 als Freier Mitarbeiter bei MWResearch, einem Hamburger Institut für Markt- und Werbeforschung. Zwischen 2004 und 2008 ging der an der Klassischen sowie der Flamenco- und Tangogitarre ausgebildete Schmidt einer freiberuflichen Tätigkeit als Musiker nach. Ab 2007 bekamen die Tätigkeiten Schmidts, der ein Jahr zuvor Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen geworden war, einen deutlichen „Drall“ in Richtung Immobilienthemen.

Er wurde unter anderem Koordinator des Bereichs nachhaltige Stadtentwicklung des Bildungswerks Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung, initiierte und leitete die Arbeitsgemeinschaft Kreative Stadt Berlin, agierte als Leiter des Projektbüros Kreativquartier Südliche Friedrichstadt und koordinierte einerseits die Initiative Stadt Neudenken und andererseits den Runden Tisch im Berliner Abgeordnetenhaus für die Neuausrichtung der Berliner Liegenschaftspolitik.

2016 wird der Grünen-Politiker Stadtrat für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und leitet die Abteilung für Bauen, Planen und Facility Management. 2018 legt er sich öffentlichkeitswirksam mit Christoph Gröner an. Für seine rigorose Anwendung des kommunalen Vorkaufsrechts und seine Vorstellungen von einer gemeinwohlorientierten Immobilienwirtschaft wird er als „Robin Hood“ und „Investorenschreck“ betitelt.

Zuletzt geriet der Bezirksstadtrat immer wieder in die Kritik. Beispielsweise ermittelt aktuell die Staatsanwaltschaft der Hauptstadt gegen ihn wegen seines Engagements für die Genossenschaft „Diese eG“. Der Verdacht der Untreue steht im Raum. Steuerverschwendung in Millionenhöhe wird der Genossenschaft vorgeworfen. Im September 2020 soll er ein bauaufsichtliches Einschreiten seiner Behörde gegen das Hausbesetzungsprojekt Rigaer Straße 94 verhindert haben. Und auch in der Story um das Gebäude „Liebig34“ spielte Schmidt eine Rolle. Er hatte das Gebäude zum „einzigartigen Schutzraum“ erklären und wollte es gar kaufen, um es den Bewohnern weiterhin zur Verfügung zu stellen. Doch daraus wurde nichts und die Besetzer des Hauses bezichtigten ihn alsbald, sie nur hinzuhalten.